Wie weiter mit dem Frieden?
Frieden neu denken: Die Ökumenische Friedensdekade (8. bis 18.11.) wird 40 Jahre. Das Friedenszeugnis der Kirchen steht dabei auf dem Prüfstein. Wie geht es weiter, wenn die ältere Generation Friedensbewegter langsam abtritt?Für viele Christen ist die Zeit im November mit der Frage nach dem Frieden verbunden. Im Rahmen der Friedensdekade finden in vielen Gemeinden Gottesdienste, Gesprächsrunden und Andachten statt. Die einen meinen, das Thema sei nach wie vor wichtig, weil Frieden zerbrechlich bliebe. Anderen sei die Friedensdekade abhandengekommen, weil sich die Zeiten geändert hätten. »Umkehr zum Frieden«: unter diesem Thema steht die Friedensdekade 2020. Müssen wir umkehren? Und: Wohin? Sind wir nicht auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens, wie es die EKD-Synode 2019 formuliert hat? Ja, wir sind unterwegs. Doch auf dem Weg gibt es Gabelungen und Abzweige. Dort sind Entscheidungen nötig. An einer Weggabelung geht es um das Geldverdienen mit Rüstungsproduktion und -exporten. An einer anderen um die Abschaffung von Atomwaffen. Demnächst kommen wir in Deutschland an die Kreuzung, an der über den Einsatz von bewaffneten Drohnen entschieden werden muss.
Dankbar können wir sein, dass wir in Mitteleuropa seit 75 Jahren im Frieden leben können. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass es 2019 weltweit 27 Kriege und bewaffnete Konflikte gab. Die weißrussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch weist darauf hin, »dass Schlimmes im Leben leise und auf natürliche Weise geschieht.« Umkehr zum Frieden geschieht nicht nur in den großen Entscheidungen, sondern ist Aufforderung und Angebot für jeden Tag. Auseinandersetzung mit den Gefahren für den Frieden und Gebet für das Geschenk des Friedens gehört für die Ökumenische FriedensDekade in besonderer Weise zusammen.
Manche fragen sich, was von der Friedensarbeit der 80er Jahre übrig geblieben ist. Es scheint, als interessieren sich nur noch diejenigen, die schon damals dabei waren. Im August dieses Jahres teilte der Vorbereitungskreis des Christlichen Friedensseminars Königswalde mit, die Arbeit mit dem Tod des Gründers zu beenden: »Wir denken, dass es Gott gefallen hat, zusammen mit Hansjörg das Christliche Friedensseminar Königswalde mit zu sich in den Himmel zu nehmen.« Anderes kommt vom Himmel zurück zu uns.Die Friedensarbeit wandelt sich mit den Veränderungen der Gesellschaft, in der sie lebt. Anfang Oktober fand in Leipzig der Studientag »Mut.Macht.Frieden.« der Studierendengemeinde Leipzig und der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste statt. Die Dresdner Frauenkirche ist dem Anliegen verpflichtet, ein Ort des Friedens und der Versöhnung zu sein. Friedensgebete finden nach wie vor regelmäßig nicht nur in Leipzig und Dresden, sondern auch in Lengenfeld, Chemnitz und anderen Orten statt. Die Landessynode hat im vergangenen November das Friedenswort der Dresdner Kirchenbezirke (www.friedenswort.de) aufgenommen. Über die Weiterarbeit damit wird die neue Landessynode beraten.
Ausgangspunkt, Grundlage und Motivation christlichen Engagements für den Frieden ist die »Friedensbewegung Gottes«, die in unsere Welt hinein reicht. So hat es die EKD-Synode 2019 formuliert. Es geht nicht nur um einzelne Aktionen oder eine ethisch-moralische Verpflichtung, sondern um ein Erleben der Gegenwart Gottes, die uns beständig verändert und uns zur Umkehr zum Frieden befreit. Daraus erwächst das Engagement für den Frieden in unserer Welt und die Zusammenarbeit mit anderen, die sich für den Frieden einsetzen. Dabei ist immer klarer, dass die drei Säulen des Konziliaren Prozesses – Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung – eng miteinander verbunden sind. Deshalb sind die Begriffe Friedensklima, Klimagerechtigkeit und gerechter Friede mehr als Wortspiele.
Michael Zimmermann ist Friedensbeauftragter der sächsischen Landeskirche.
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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