Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich für eine umfassende Staatsreform ausgesprochen. »Wir brauchen eine Föderalismusreform drei und vier« sagte der Politiker bei der Vorstellung seines Buches »Regieren. Innenansichten der Politik« am Mittwoch in Berlin. Größere Planungsvorhaben ließen sich aktuell nur schwierig vorantreiben.
Als Beispiel nannte de Maizière digitale Reformen: »Für einen großen Cyberangriff wären wir nicht gewappnet«, warnte er. Es könne auch nicht sein, dass das Grundgesetz geändert werden müsse, nur um die Digitalisierung von Schulen zu finanzieren. Die Frage, wie große Probleme im Bund-Länder-Verhältnis gelöst werden, müsse neu diskutiert werden.
Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hielt dagegen: »Ob die Lösung gleich in einer Staatsreform liegt, bleibt die Frage.« Eine Staatsreform brauche viel Zeit, zudem sei Deutschland mit seiner föderalen Struktur gut für die Europäische Union gewappnet. Scholz und de Maizière waren zwischen 2007 und 2009 beide Mitglieder im ersten Kabinett Merkel. Scholz war damals Arbeitsminister, de Maizière Kanzleramtschef und Bundesminister für besondere Aufgaben.
De Maizière betonte bei der Buchvorstellung zudem die Wichtigkeit, in der Politik Kompromisse finden zu können – auch wenn dies bei Wählern zu Unzufriedenheit führen könnte. »In der Politik wird der Kompromiss stets als verdächtig angesehen«, sagte er. Dabei seien Kompromisse im Alltag vollkommen normal. Besonders bei den Volksparteien sei eine gewisse Profilminderung und Kompromissbereitschaft wichtig, schließlich sollten sie eine Politik machen, »die für eine Mehrheit der Bevölkerung verträglich ist«. Dies sei aber im Moment in ganz Europa unpopulär.
Je schärfer das Profil einer Partei sei, desto schwieriger sei die Kompromissfindung und somit Regierungsbildung: »Das nervt die Leute.« Irgendwann werde der Wunsch der Bevölkerung nach Parteien, »die sich um das Gemeinwohl kümmern«, wieder stärker werden. Auch die aktuelle Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Politik führt der CDU-Politiker teilweise auf die vergangene langwierige Regierungsbildung zurück. Für momentane Regierungspolitiker hat de Maizière eine Empfehlung: »Sie sollen das Buch kaufen und lesen.«
Buchhinweis: Thomas de Maizière: Regieren. Innenansichten der Politik, Herder-Verlag, 256 Seiten, 24 Euro.
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