Kneten und beten
Gottsuche: Wie können Menschen zu Gott kommen? Lisa Kaufmann hat verschiedene Glaubenswege versucht. Dabei ist sie Gott nicht nur beim Backen begegnet. Ihr Buch zeigt Wege für alle, die ehrlich und zeitgemäß glauben wollen.Viele Eltern stehen vor der schwierigen Frage: »Wie sag ich’s meinem Kinde?« Nicht nur bei der sexuellen Aufklärung. Auch bei der Glaubensweitergabe. In der Bibel steht das Gebot, den Kindern den Gottesglauben und die Gebote »einzuschärfen«. Doch wie soll das gehen in Zeiten, in denen jede Verbindlichkeit aus der Mode gekommen ist?
Der Katechismus jedenfalls hat ausgedient. Mit der kirchlich vorgegebenen Unterweisung im Glauben wird kein Kind oder Jugendlicher mehr hinterm Ofen vorgelockt. Da kommt das Buch von Lisa Kaufmann gerade recht. In »Warum ich für Gott backe und was mein Hund mit Hoffnung zu tun hat« schreibt die moderne junge Frau ganz unbefangen von ihrer Glaubenssuche. Sie ist 25 Jahre, Kind atheistischer Eltern und hat eine große Sehnsucht nach dem Göttlichen. Deshalb nimmt die junge Literaturstudentin aus Essen das Angebot an, eine Zeitungskolumne über ihre Suche nach Gott zu schreiben. Im Plauderton schildert sie von ihren Glaubensexperimenten, ihren Zweifeln und ihren Erfahrungen mit Gott und seinem Bodenpersonal.
Sie vermisst es, dass sie keine religiöse Tradition von ihren Eltern mitbekommen hat. »In meiner Familie werden harte Arbeit, Literatur, Gregor Gysi und guter Wein angebetet, aber ganz bestimmt nicht Gott.« Gleichzeitig eröffnet das aber eine Freiheit, sich in den verschiedenen »Gärten der Religionen« umzuschauen. Fündig wird sie beispielsweise bei der Sabbattradition. Beim Backen des Sabbtbrotes Challah, beim Ausschalten des Handys und dem gemeinsamen Abendessen mit Freunden entdeckt sie die Wohltat dieses Ruhetages. Das Challah-Rezept gibt sie dem Leser gleich mit. Sie bekennt: »Ich liebe den Sabbat.«
Trotzdem sollte die jüdische Religion nicht ihre werden. Obwohl sie neugierig zur Synagoge geht, wird sie ernüchtert. Die Rabbiner eröffnen ihr, dass auch ihr Mann und ihre künftigen Kinder zum Judentum gehören müssten und eine jüdische Erziehung verpflichtend wäre. Da kamen ihr die Tränen. Denn sie liebt ihren Freund Max. Und der ist atheistisch. Eine ganz normale Konstellation in der heutigen Zeit. Und für Lisa Kaufmann ein Hindernis für den Beitritt zu einer Religionsgemeinschaft. »Ich möchte Religion und Bedeutung und Gott. Aber ich möchte auch all diese Atheisten, die ich liebe, diese dreckige WG-Küche und meine biertrinkenden Freunde, die mit Gott nichts anfangen können«, schreibt sie.
So wird es ihr auch mit ihren Ausflügen zum Islam und zum Christentum gehen. Immer wieder stolpert sie über dogmatische und weltfremde Hürden, die aus dem Beharren auf harten Glaubensvorgaben bestehen. Gegenüber konservativen Christen erklärt sie: »Aber versteht ihr nicht, dass ich Teil einer Religion sein möchte, in der es völlig okay ist, schwul zu sein? Versteht ihr, dass ich möchte, dass es für die Welt, in der meine Kinder großwerden, überhaupt kein Problem darstellt, dass sie eventuell schwul oder lesbisch sind und dass ich möchte, dass sie das auch leben dürfen?«
Kaufmann beißt sich die Zähne an den großen Religionen aus – ohne aber von ihrer persönlichen Gottesbeziehung abzulassen. Diese speist sich aus einer tiefen Dankbarkeit. Zum Beispiel für ihren Partner. »Max und ich sind mittlerweile seit vier Jahren ein Paar, und immer noch lautet mein Lieblingsgebet: Danke, danke, danke!«
Auf erfrischende Art versucht Kaufmann, ihre modernen Werte mit Glaubenstraditionen zu verbinden. Das gelingt – wie gezeigt – nicht immer. Aber es misslingt auch nicht völlig. Sie kann zum Beispiel für ihr Ideal, dass Tiere nicht zum Essen da sind, Begründungen in der Bibel finden. »Moderne Massentierhaltung kann Gott nicht gemeint haben, wenn er in der Genesis vom Bebauen, Bewahren und Hüten der Erde spricht.« Das Verbot jeglicher Gewaltanwendung und Diskriminierung von Mensch und Tier müsste ihrer Ansicht nach in eine »Einundzwanzigste-Jahrhundert-Version« der Zehn Gebote.
Am Ende gibt es mehr Fragen als Antworten. Und das heißt: Willkommen im Glaubensleben!
Buch: Lisa Kaufmann: Warum ich für Gott backe und was mein Hund mit Hoffnung zu tun hat. Meine Suche nach Gott. Edition Chrismon 2016, 144 S., 12,90 Euro.
Tipp: Lisa Kaufmann liest auf der Leipziger Buchmesse am 24. März, 16.30 Uhr auf der Leseinsel Religion (Halle 3).
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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